Wie funktioniert ein Pferdegebiss und welche Unterschiede bestehen zum menschlichen Gebiss?
Zahngesundheit durch regelmäßige Kontrolle und Behandlung sind genau so wichtig wie eine regelmäßige Hufpflege.
Den meisten Reitern ist es immer noch nicht bewusst, dass nicht nur die Pferdehufe sondern genauso die Pferdezähne in unserer heutigen Haltungsform eine regelmäßige Pflege brauchen. Das Pferd ist ein Fluchttier, für das die zwei wichtigsten Dinge im Leben das Laufen mit gesunden Beinen und Hufen sowie das Fressen mit gesunden Zähnen sind. Eine regelmäßige Pflege von Zähnen und Hufen ist folglich absolut notwendig für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Pferdes.
Hufe wachsen nach und werden sich bei der hier in Europa üblichen Pferdehaltung nicht von alleine optimal abnützen. Das heißt, der Huf wird bei weichem Boden zu lang werden und bei zu hartem und steinigem Boden der Beanspruchung nicht standhalten. Deshalb müssen Pferdehufe durch Hufschmiede oder Hufpfleger (Spezialisten auf ihrem Gebiet) in regelmäßigen Abständen kontrolliert und bearbeitet werden.
Für Pferdezähne gilt ähnliches. Auch die bleibenden Zähne wachsen bis zum Alter von etwa 6 Jahren. Dann haben die Backenzähne der Pferde mit der sehr langen Reservekrone (Bereich zwischen äußerlich sichtbarer Krone und Wurzelspitze) eine Länge von etwa 10 cm erreicht. Die Schneidezähne sind dann etwa 7 cm lang. Im Jahr schieben sich die Pferdezähne nun etwa 1 – 3 mm aus dem Zahnfach heraus und werden im Idealfall auch um diese Länge beim Fressen abgenützt.
Allerdings ist das Gebiss des Pferdes nicht für unsere heutige Haltungsform und die entsprechende Fütterung mit vergleichsweise wenig strukturiertem Futter geschaffen. Pferde sind keine Körnerfresser. Das Gebiss der Pferde ist darauf spezialisiert, hartes Steppengras abzubeißen und zu zermahlen. In der freien Wildbahn sind Pferde den ganzen Tag damit beschäftigt, verwertbares Gras zu suchen und zu fressen. Dagegen bekommen sie bei der heute üblichen Haltungsform zwei bis drei Mal täglich weicheres und energiereicheres Futter, als es die Natur vorgesehen hat. Dies führt zu einer nicht ausreichenden bzw. ungleichmäßigen Zahnabnutzung. Deshalb muss auch hier (genauso wie beim Huf) eine regelmäßige Kontrolle und gegebenenfalls Korrektur durch einen Fachmann stattfinden, und zwar 1 – 2 Mal im Jahr (siehe auch Behandlungsintervall).
Der Pferdezahn und eigentlich das gesamte Pferdegebiss unterscheidet sich anatomisch und funktionell deutlich von dem des Menschen. Beim Menschen bildet der Zahnschmelz (die härteste Zahnsubstanz) nur eine äußere Schutzschicht um das weichere Dentin. Beim Pferd ist der Zahnschmelz in den Zahn eingefaltet. Diese Falten wechseln sich dementsprechend auch auf der Reibefläche des Zahnes mit dem weicheren Dentin ab. Dadurch entsteht eine raue Kaufläche, die das Pferd zur Zerkleinerung der pflanzlichen Nahrung braucht.
Was für eine Arbeit und Kraft zur Zerkleinerung harter und strukturreicher pflanzlicher Nahrung notwendig ist, kann man sich klar machen, wenn man selber versucht, ein paar Halme Heu klein zu kauen. Das menschliche Gebiss ist damit vollkommen überfordert.
Zusätzlich sind die Backenzähne des Pferdes dachförmig nach außen hin abfallend etwa 12 bis 14° gewinkelt und der Oberkiefer etwas breiter als der Unterkiefer. So kann das Pferd in einer kreisförmigen Kaubewegung seine Zähne einsetzen, um die harte pflanzliche Nahrung effektiv zu zerkleinern. Das Pferd kaut immer nur auf einer Seite und wechselt diese von Zeit zu Zeit ab, soweit beide Kieferseiten gesund sind.